Evaluation der Neuen Niederösterreichischen Mittelschule
Ende 2009 wurde die Forschungsabteilung für Schule, Bildung und Gesellschaft vom Land Niederösterreich mit der Evaluation der Neuen Niederösterreichischen Mittelschule beauftrag. In diesem Sinne führt das Forschungsteam rund um Stefan Hopmann eine professionelle Dokumentation und Evaluation des Schulmodells über Umsetzung und Wirkung im Schulalltag durch. Erhoben wird, wie die konkreten pädagogischen Ziele des „Niederösterreichischen Schulmodells“ umgesetzt und welche Möglichkeiten den betroffenen SchülerInnen dadurch eröffnet werden. Nicht zuletzt stehen hier individuelle Gelingensbedingungen schulischer Bildungskarrieren im Fokus.
Das Evaluierungskonzept wurde in Zusammenarbeit der Forschungsabteilung Schule, Bildung und Gesellschaft und dem Landesschulrat für Niederösterreich entwickelt. Es soll der genannten Zielsetzung Rechnung tragen. Durch eine gestufte Integration verschiedener Untersuchungsmethoden in einem Mehrebenenmodell wird die Breite und die Leistungsfähigkeit des Schulmodells erfasst.
Der erste Durchgang der Evaluation ist auf fünf Jahre angelegt (2010-2014). Es sollen Daten und Erfahrungen gesammelt und Verfahren generiert werden, die langfristig in die Entwicklung von Schulqualität einfließen. Von besonderer Bedeutung für das Gelingen dieses Vorhabens ist es, dass SchülerInnen, Lehrkräfte, Schulleitung, Schulaufsicht und Eltern als ExpertInnen und PartnerInnen eingebunden werden.
In diesem Sinne stützt sich die Evaluation auf vier Säulen:
Transitions: Bildungserfahrung & Bildungschancen
Zu diesem Zweck wird aus jeder Jahreskohorte eine repräsentative Gruppe SchülerInnen aus allen Schulformen in NÖ (NMS, HS, AHS) kontinuierlich verfolgt. Untersucht werden innerschulische und außerschulische Voraussetzungen, Schulerfolg, Schullaufbahn, Schul- und Unterrichtserfahrung. Die in diesem Baustein erhobenen Daten sollen zugleich helfen, die in Regional- und Fallstudien gewonnenen Daten einzuordnen.
School Settings: Schullandschaften
Zu diesem Zweck werden für vier oder fünf für NÖ nach Lage, sozialem Profil, Schullandschaft etc. typische Schulcluster Regionalstudien durchgeführt, in denen die Sicht aller Beteiligten am Standort (SchülerInnen, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulaufsicht, schulisches Umfeld) zum Tragen kommt. In einer Mischung quantitativer und qualitativer Daten werden schulische Faktoren (Schülerpopulation, Lehrkollegium, soziales Umfeld usw.) ebenso wie die jeweils gesetzten Maßnahmen untersucht.
Instructional Patterns: Differenzierung & Integration
Zu diesem Zweck werden an ausgewählten Standorten einzelne Klassen bzw. Jahrgänge qualitativ (und im begrenzten Umfang quantitativ) untersucht: Welche (Reform)Maßnahmen wurden im Unterricht gesetzt, wie wurden sie erfahren, welche Wirkungen werden beobachtet. Dabei soll es vor allem darum gehen zu untersuchen, wie zielführend und nachhaltig die gesetzten Maßnahmen insbesondere für die langfristige Entwicklung der Lernfähigkeiten und den erfolgreichen Übergang in weitere Bildungsgänge sind.
Capacity Building: Netzwerke & Peers
Um diesen Bereich zugleich forschend und kapazitätsfördernd zu erfassen und zudem die Ergebnisse der anderen Bereiche fortlaufend aktiv nutzen zu können, wird nach einem norwegischen Vorbild ein wenig ressourcen-intensives Peer-Review-Verfahren (unter Einbeziehung aller Schulpartner und des lokalen Umfelds) entwickelt, an dem Schulen freiwillig teilnehmen können. Ziel ist, durch die Evaluation zugleich tragfähige Netzwerke zu entwickeln, welche die pädagogischen und sozialen Potentiale der Schulstandorte stärken können. Die sich wiederholenden Reviews sind soweit „standardisiert“, dass deren Ergebnisse umgekehrt auch die anderen Forschungs-ebenen informieren können.
Die Verwirklichung dieses internationalen Forschungsstandards entsprechenden Evaluierungskonzepts in Kooperation mit der Universität Wien ist in Österreich einzigartig und eröffnet einen neuen Zugang zu Schulforschung und Schulentwicklung, wodurch das Land Niederösterreich nicht nur innerhalb Österreichs eine Vorreiterrolle einnimmt.
Im Schuljahr 2012/2013 wurde die Neue Mittelschule österreichweit zur Regelschule. Obwohl dies beschlossen wurde, ohne auf vorhergehende Evaluationsergebnisse zu warten, ersetzt dies nicht die Evaluation, die nun eben nicht mehr den Schulversuch Niederösterreichische Mittelschule, sondern die Neue Niederösterreichische Mittelschule als Regelschule im Fokus hat.
In der Verlängerung des Projekts (2015-2017) geht es vor allem um den Bereich der Transitions und es wird der Frage nachgegangen, ob sich der Besuch einer NNÖMS als nachhaltig für die weiterführende Bildungskarriere der SchülerInnen erweist. Zu diesem Zweck sollen SchülerInnen, die im Rahmen der NOESIS Erhebungen bereits in der 4. Klasse der Volksschule sowie im Durchlauf der Sekundarstufe I befragt wurden, in der 9. Schulstufe ihrer jeweils gewählten Schulform nochmals befragt werden.
Im Rahmen einer Follow-up-Studie (finanziert durch den Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank/ OeNB) wird die Evaluation bis 2020 fortgeführt. Die Follow-up-Studie beinhaltet die (längsschnittliche) Erfassung und Analyse von Bildungsverläufen ehemaliger NMS-SchülerInnen aus Niederösterreich bis zum Ende der Sekundarstufe II, es werden die bisherigen 3 SchülerInnen-Kohorten (4.-9. Schulstufe; beginnend mit 2010) bis zum Ende der Sekundarstufe II weiterverfolgt und in der 12. Schulstufe erneut befragt (Panelbefragung).
Projektleitung:
Univ.-Prof. Dr. Stefan Hopmann / Univ.-Doz. Mag. Dr. Tamara Katschnig
Projektkoordination und Information:
Mag. Tanja Mikusch / MMag. Mariella Knapp
MitarbeiterInnen (auch ehemalige):
Mag. Sonja Bauer-Hofmann
Mag. Roland Ernst
Mag. Nicola Brisch
Mag. Dr. Helene Feichter
Mag. Dr. Neda Forghani-Arani
MMag. Dr. Corinna Geppert
Mag. Dr. Bernadette Hörmann
Mag. Michaela Kilian
Mag. Dr. Ulrich Krainz
Dr. Martin Retzl
Prof. Dr. Moritz Rosenmund
Weitere Informationen unter noesis.univie.ac.at