Praxeologien und Homöostasen - Sozialwissenschaftliche Grundlagen der Medienpädagogik

Projektleitung: Univ. Prof. Dr. Christian Swertz

Mitarbeiter: Mag. Alessandro Barberi

Finanzierung: FWF

Dauer: 1.5.2016 - 30.4.2019

Inhalt:

In der Medienpädagogik wird der Bedarf nach einer handlungsorientierten Grundlage der Medienpädagogik derzeit verstärkt thematisiert. Die Argumente sind dabei ausdrücklich auf ein Verständnis der Medienpädagogik als Handlungstheorie bezogen, die im deutschsprachigen Raum eng mit der Debatte zwischen Niklas Luhmanns Systemtheorie und Jürgen Habermas’ Kritischer Theorie (Frankfurter Schule) verbunden ist. Beide Theorien stellen auch die Grundlage der Habilitationsschrift „Kommunikation und Kompetenz“ von Dieter Baacke aus dem Jahr 1973 dar, die als Gründungsdokument der Medienpädagogik angesehen werden kann und deshalb im Rahmen dieses Projekts eingehend diskutiert werden soll. In der letzten Zeit ist darüber hinaus ein verstärktes Interesse und eine vermehrte Rezeption der französischen Handlungstheorie, insbesondere von Pierre Bourdieu’s Praxeologie, zu beobachten, die Fragen sozialer Ungleichheit diskutiert und dabei die sozialen Beschränkungen bzw. Begrenzungen („limitations of habitus“) von vorhanden Akteuren im sozialen Raum analysiert und hervorhebt.

Diese Ergebnisse entsprechen in weiten Teilen auch den sozialempirischen Ergebnissen der erziehungs- bzw. bildungswissenschaftlichen Diskussionen zum Begriff des „Medialen Habitus“, weshalb eine eingehende Untersuchung der theoretischen Verbindung von Bourdieus Praxeologie und Habermas’ Handlungstheorie aus der Perspektive der Grundlagenforschung zu leisten ist, um eine „Handlungsorientierte Medienpädagogik“ theoretisch zu fundieren. Diese Fundierung erfolgt angesichts der Medien- und Kulturwissenschaften unter deren nachdrücklicher Berücksichtigung explizit im Sinne der Sozialwissenschaften.

Im Sinne einer solchen sozialwissenschaftlichen Fundierung der Medienpädagogik, knüpft dieses Projekt mithin direkt an jenen Diskussionen an, welche die Notwendigkeit einer handlungsorientierten bzw. praxeologischen Medienpädagogik im Blick auf die „Medialität des Habitus“ betonen. Das Ziel dieses Projekts ist eine Synthese der deutschen Handlungstheorie (Habermas) und der französischen Praxeologie (Bourdieu) im allgemeinen Rahmen der Sozial-, Kultur- und Medienwissenschaften. Die zentralen Forschungsfragen sind daher:   

  1. Wie lässt sich eine handlungstheoretische Grundlegung der Medienpädagogik anhand der Debatten in der deutschen Wissenschaftsgeschichte argumentieren?
  2. Wie lässt sich eine praxeologische Grundlegung der Medienpädagogik anhand der Debatten in der französischen Wissenschaftsgeschichte argumentieren?
  3. Wie lässt sich die Diskussion zum medialen Habitus aus der theoretischen Perspektive der Grundlagenforschung handlungstheoretisch bzw. praxeologisch im Sinne einer Gesellschaftskritik und ihm Rahmen einer sozialwissenschaftlichen Grundlegung der Medienpädagogik anreichern?   

Methodologisch schlägt dieses Projekt vor, eine Historische Epistemologie und Diskursanalyse als handlungsorientierte bzw. praxeologische Wissenssoziologie im Sinne einer Diskurs- und Disziplingeschichte der Medienpädagogik anzusetzen. So soll das Hervortreten der Handlungstheorie in der deutschen Wissenschaftsgeschichte und das Hervortreten der Praxeologie in der französischen Wissenschaftsgeschichte theoretisch und praktisch herausgearbeitet werden, um die „Handlungsorientierte Medienpädagogik“ angesichts der Debatten zum „Medialen Habitus“ sozialwissenschaftlich zu fundieren.