Veranstaltungsreihe: Praxen des Lehrens und Lernens in_über Ungleichheitsverhältnisse_n

Beim Lehren und Lernen über Ungleichheitsverhältnisse in Differenz- und Dominanzverhältnissen tun sich vielfältige Spannungsverhältnisse und Reproduktionen auf und werden in unterschiedlicher Art und Weise relevant. Wir wollen uns im Rahmen der Veranstaltung einigen dieser Spannungen nähern. Dabei stehen u.a. folgende Fragen im Fokus:Wie können wir mit der (wahrgenommen) Kluft zwischen Theorie und Praxis umgehen? Wie möchten wir Lehr- und Lernräume gestalten? Wie können wir mit aufkommenden Widerständen und der Gefahr der Verletzung umgehen? Was bedeutet Verantwortungsübernahme in und für diese Räume und inwieweit kann/muss sie geleistet werden?

Veranstalter*innen

Arbeitsbereich Bildung und Ungleichheit

Streetart im Studierendenviertel in Coimbra/Portugal; Sommer 2022

3. Praxen des Lehrens und Lernens in_über Ungleichheitsverhältnisse_n am 15.05.2024

Am 15. 05. 2024 - Mittwoch -

findet am Institut für Bildungswissenschaft, Hörsaal 1, Sensengasse 3a, 1. Stock, 1090 Wien (sowie im Seminarraum für die Workshops laut Aushang auf der Tür des Hörsaal 1) die dritte Veranstaltung der Veranstaltungsreihe 'Praxen des Lehrens und Lernens in_über Ungleichheitsverhältnisse_n' statt.

Der Arbeitsbereich Bildung und Ungleichheit lädt dazu herzlich ein. Die Veranstaltung richtet sich an Studierende und an Lehrende und findet auf Deutsch statt. Es kann auch nur in Teilen an der Veranstaltung teilgenommen werden (nur Workshop oder nur Vortragsteil), eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

PROGRAMM

15.30 – 17.00 Uhr
zwei parallele Workshops: für Studierende und Lehrende

17.00 – 17.30 Uhr
Pause mit Verpflegung

17.30 – 19.30 Uhr
Vorträge und Austausch

Dr. Katarina Froebus
" 'Der leichte Weg ist immer dieser der Unterwerfung' –
studentische Erfahrungen mit Bildungsungleichheit in der Hochschullehre“

Dr. Constantin Wagner
"Dynamiken bei der Thematisierung von Rassismus (im Studium)"

19.30 Uhr
Zusammenführung und gemütlicher Ausklang

PROGRAMM am 15. Mai 2024 (pdf)

Vortrag Dr.in Katarina Froebus, M.A.:
'Der leichte Weg ist immer dieser der Unterwerfung' - studentische Erfahrungen mit Bildungsungleichheit in der Hochschule

Abstract: Mit Studierenden Bildungsungleichheit auf Theorieebene zu diskutieren ist das eine – sie auch anhand eigener Erfahrungen zu reflektieren das andere. Die Herausforderungen von auf Habitusreflexivität abzielender Lehre liegen auf der Hand: Es sind genau die schwierigen Passungsverhältnisse von Universität und eigener Sozialisation, die auf der Universität stumm machen. Der Vortrag thematisiert entsprechend die Spielräume und Fallstricke habitusreflexiver Lehre anhand des Lehrforschungsprojekts „Habitus.Macht.Bildung“ (Uni Graz), in dem mit Lehramtsstudierenden Bildungsungleichheit thematisiert und anhand eigener (hochschulischer) Erfahrungen beforscht wurde. Es werden sowohl Einblicke in die erstellten Lehrmaterialien als auch die Ergebnisse der Forschung mit den Studierenden gegeben.

Während sich anhand autosoziobiographischer Romane Mechanismen der Ausschließung und der Selbstelimination besprechen lassen, ohne sich gleich auf die eigene Bildungsbiographie beziehen zu müssen, eröffnet die Methode der Kollektiven Erinnerungsarbeit die Möglichkeit, die Konstruktion der eigenen Erfahrungen als Teil von Herrschaftsverhältnissen zu entlarven und über kollektive Erfahrungen ins Gespräch zu kommen – mit Erfahrungen von Überforderung, Selbstzweifeln und Scham angesichts universitärer Anforderungen sind die Studierenden nicht alleine. Kollektive Erinnerungsarbeit zielt darauf ab, in widersprüchlichen Verhältnissen handlungsfähig(er) zu werden. Dennoch bleibt auf Habitusreflexivität abzielende Lehre zweischneidig, wenn die Hochschullehrenden selbst nicht auch reflektieren, inwiefern Hochschullehre – unabhängig von ihren Inhalten – einen bildungsbürgerlich-akademischen Habitus reproduziert. Der anschließende Austausch könnte die Frage in den Blick nehmen, ob und wie schwierige Passungsverhältnisse subversiv gewendet werden können.

Kurzbio: Dr.in Katarina Froebus, M.A. studierte Pädagogik, Psychologie und Anglistik an der TU Darmstadt und promovierte zum „Untoten Subjekt der Pädagogik“ an der Universität Graz. Sie war als Post-doc im Projekt „Habitus.Macht.Bildung“ beteiligt und arbeitet gegenwärtig an der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum, wo sie im Bereich der Professionsentwicklung forscht und in der Lehrer*innenbildung für die Primarstufe lehrt. Schwerpunkte Ihrer Forschung und Lehre liegen sowohl in den Bereichen der theoretischen Grundlagen der Erziehungswissenschaft als auch einer machtkritischen Professionalisierung und biographisch-reflexiven Zugängen zu Wissenschaft.


Vortrag von Dr. Constantin Wagner:
Dynamiken bei der Thematisierung von Rassismus in universitären Räumen

Abstract: Der Beitrag soll unterschiedliche Dynamiken bei der Thematisierung von Rassismus in universitären Räumen benennen und analysieren.
Auseinandersetzungen können im Modus der Eskalation ablaufen (1), der Logik eines Pendelausschlags folgen (2), transformistisch sein (3) oder eine Verlern-Dynamik in Gang setzen (4). Die Kenntnis dieser unterschiedlichen Dynamiken soll Lehrpersonen und Teilnehmenden helfen, in entsprechenden Räumen zu navigieren.

Kurzbio: Dr. Constantin Wagner ist Juniorprofessor am Institut für Erziehungswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen unter anderem Heterogenität und soziale Ungleichheit in der postmigrantischen Gesellschaft, Rassismuskritische Bildungsarbeit, Islam(verständnisse) im postkolonialen Europa und die Rekonstruktion von (differenzbezogenen) Sozialisationsprozessen.


Der Studierendenworkshop wird gehalten von der Dokustelle (Dokumentations- und Beratungsstelle für Personen, die Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus erfahren):

1. Vorstellung der Dokustelle und deren Arbeit

2. Begriffsdefinition von Antimuslimischen Rassismus (individueller und struktureller Aspekt)

3. Zusammenhang mit der Hochschule (Machtverhältnisse, Gegenüberstellung von Theorie und Praxis, Umgang mit Verletzungen/Rassismus)

13.30 - 15.00 Uhr Vorträge und Austausch


Vorträge von Dr. Assimina Gouma und Dr. Jan Niggemann


15.15 - 16.30 Uhr zwei parallele Workshops
(für Lehrende und Studierende)


16.30 Uhr Zusammenführung und gemütlicher Ausklang

 

Programm

Achtung, aufgrund kurzfristiger krankheitsbedingter Änderungen konnte das Programm im PDF-Design nicht mehr geändert werden – die korrekte Version ist die hier aktualisierte.

Die Veranstaltung richtet sich an Studierende und an Lehrende (auch an Lehrende, die für einzelne Lehrveranstaltungen ans Institut kommen und oft als „externe“ Lehrende bezeichnet werden). Sie findet auf Deutsch statt.

 

Vortrag Jan Niggemann: Hegemonie(-kritik) im Seminar?

Abstract: Wenn das Wissen marginalisierter Gruppen zum Bestandteil eines Seminars wird, entstehen neue Herausforderungen. Stimmen werden hörbar, aber nicht unbedingt gehört. Kritik verliert ihre Kraft, wenn sie den Lehrplan erreicht, aber gewinnt auch den Anspruch, wahres Wissen zu sein, das wissenschaftlich legitimiert wird. So können eigene Erfahrungen hinterfragt werden und in Bezug zu Wahrheit und Objektivität gesetzt werden, ohne sie davon getrennt zu begreifen. Aus unbequemen Widersprüchen gibt es einfache Auswege: sie können ignoriert oder als abstrakte Probleme beiseitegeschoben werden. Hegemonie(-kritik) dagegen bietet Lernmöglichkeiten, zu verstehen, wie Widersprüche mit der (Ent-)Politisierung von Wissen verwoben sind. Das Denken löst keine Widersprüche auf, aber macht sie verständlich und eröffnet Perspektiven, sich in ihnen zu bewegen. In nachfolgenden Austauschformaten werden wir einen Blick darauf werfen, ob und mit welchen Konzepten es möglich wird, Kritik_en zu üben und neue Positionen und Praxen dort zu verankern, wo legitimes Wissen verhandelt und tradiert wird.

Kurzbio: Jan Niggemann hat an der FU Berlin Erziehungswissenschaften, Soziologie und Neuere Geschichte studiert und an der Goethe-Universität Frankfurt in Erziehungswissenschaften promoviert. Er arbeitet als Universitätsassistent (Post-Doc) an der Uni Graz im Arbeitsbereich Bildungstheorie und Schulforschung. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a. Bildungstheorie, Pädagogische Autorität und Autorisierung sowie Transformation von Bildung im Kontext sozialer Ungleichheit. Zudem arbeitet Jan Niggemann ehrenamtlich in der politischen Erwachsenenbildung.


Vortrag Yalız Akbaba: Rassismuskritik in der Hochschullehre. Zwischen weißen Emotionen und transformierenden Auseinandersetzungen

Abstract: Kritisches Lehren über Rassismus kann Dynamiken machtvollen Weißseins entfesseln (Akbaba/Wagner 2022). Im Vortrag kontrastiere ich Analysen (aus dem Projekt PoMiPoBi) zur hegemonialen Wiederherstellung von weißer Dominanz mit Beobachtungen aus Veranstaltungen, in denen Teilnehmende Abwehrreaktionen anderer Teilnehmender mit rassismuskritischem Wissen moderieren. Weiße Emotionen (Bönkost 2016) werden dann nicht ungestört ausgelebt, sondern aus zweiter Ordnung beobachtet. Die Auseinandersetzungen führen zu einem produktiven Austausch zwischen weißen und BIPoC Perspektiven, sowie zu Perspektivierungen dieser binären Kategorisierung.

Kurzbio: Yalız Akbaba (Dr. phil.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie lehrt und forscht in den Bereichen der kritischen Migrationsforschung, der pädagogischen Professionalisierung und der Methoden qualitativer Sozialforschung, vor allem der (Diskurs-)Ethnografie und der fallrekonstruktiven Unterrichtsforschung. Ihre ethnografische Studie »Lehrer*innen und der Migrationshintergrund. Widerstand im Dispositiv« (2017, Beltz Juventa) wurde mit dem Dissertationspreis der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ausgezeichnet.

Workshops:

Workshop für Studierende:
In Differenzverhältnissen bewegen - Studieren an der Universität Wien

Moderation: Katharina Kulesza

Abstract: In diesem Workshop haben Studierende die Gelegenheit, ihre Positionierungen vor dem Hintergrund persönlicher (Bildungs-)biographien zu reflektieren, sowie Forderungen an eine diskriminierungssensible Hochschullehre zu formulieren. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen für den anschließenden Dialog zwischen Studierenden und Lehrenden.

Kurzbio: Katharina Kulesza studiert Soziologie sowie Afrikawissenschaften und ist stellvertretende Obfrau der IDB – Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen. Neben der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Diskriminierung, Diasporaleben und Migration, ist ihr auch aktivistische Arbeit in diesen Feldern wichtig.


Workshop für Lehrende:
Verantwortung, Anforderungen und Notengebung in Ungleichheitsverhältnissen
Moderation: Jan Niggemann

Abstract: Welche Verantwortung haben wir als Lehrende und wie können wir damit umgehen, dass wir einerseits dazu angehalten sind, Ungleichheitsverhältnisse über (Arbeits-)Anforderungen, Notengebung usw. zu reproduzieren, aber auch vielfaches Interesse an Veränderung und Erneuerung von Lehrplänen, Curricula, Lernformen und Studieninhalten besteht? Welche anderen Möglichkeiten sehen wir? Dies und weitere Fragen sollen Gegenstand des Workshops werden.